Die DB öffnete einmal mehr den Kuriositätenladen

Menschen mit Behinderungen waren erfreut: „Die Bahn wird behindertenfreundlicher“, ab September 2011 entfiel die 50km-Zone und nun können alle Nahverkehrszüge der DB kostenfrei benutzt werden. Dazu benötigt man lediglich ihren grün-roten Schwerbehindertenausweis und das Beiblatt mit einer gültigen Wertmarke, um mit den Zügen der Regionalbahn (RB), Regionalexpress (RE), Interregio-Express (IRE) und S-Bahn kostenlos zu fahren.

Luxus pur, könnte man meinen, aber weit gefehlt, wenn ich an eine lange geplante Reise nach Dresden denke!

Eine Reise als „Kurzstreckenläuferin“ nach Sachsen ausgehend meiner idyllischen Dorfgemeinde ohne Bahnhof sollte sich mit besonderer Herausforderung gestalten. Im Regionalverkehr hatte dies zu bedeuten, dreimal umsteigen , sich 20 Haltestellen erfreuen und nebenher in überfüllten Waggons über die Gleise geschaukelt zu werden. Reservierungspflichtige Sitzplätze sind hier nicht angezeigt, da es in jedem der Abteile extra für mobilitätseingeschränkte Personen vorgesehene Sitzplätze gibt, die meist „großzügig“ frei gehalten oder bei Bedarf sofort geräumt werden. Die Realität sieht natürlich in jedem Fall eine ganz andere Offerte. So konnte meine Überlegung nur heißen, die schnelle Variante, als IC, ICE in Betracht ziehen. Leider erweist sich hier kein Nachteilsausgleich, auch wenn sich die Preistabellen zum Tarif der Regionalbahnen sehr angleichen.

Eine Woche im Vorlauf steuerte ich in der Nachbargemeinde den Fahrkartenautomaten an, um von einem „Super Sparangebote „ der DB Gebrauch zu machen..

Was zu diesem Zeitpunkt sich meiner Kenntnis entzog, die Automaten waren schon seit geraumer Zeit außer Betrieb.

Dem Hinweis, dieses Ticket online zu buchen wollte ich aus meiner sicherheitsbezogenen Skepsis heraus nicht tätigen.

Ich beschloss, die Rückfahrt per IC wenigstens in Ruhe mit dem nur einmaligem Umsteigen in Erwägung zu ziehen.


Jetzt sollte doch die Sitzplatzreservierung , die ja kostenfrei ermöglicht wird keine weitere Barriere darstellen.

Nachdem ich brav eine Wartekarte, wie auf der Agentur für Arbeit gezogen hatte, die Sitzplätze der DB Reiseinformation alle vergeben und mir das lange stehen ein wenig Sorge bereitete, wartete ich nunmehr ungeduldig auf meine Nummeransage. Nebenher bemerkt sollte man flotten Schrittes zum Schalter gelangen, weil sonst der nächste aufgerufen wird. In einer ganz „charmanten Morgendepeche „ mit äußerst motivierender Art und Weise argumentierte man mir , dass meine IC Verbindung von Dresden nach Magdeburg am heutigen Tag für mich keine Reservierungsmöglichkkeit offenbarte. Der Zug wäre keine „rollstuhlgerechte Einrichtung, es bestünde kein Zugang zu einem behindertengerechten WC im Zug und ich solle mich bezüglich einer erforderlichen Umbuchung an den Mobilitätsservice wenden. Im Übrigen nenne wir inzwischen diese Begrifflichkeiten mit dem Standard der „Barrierefreiheit“, ich traute mir in diesem Moment aber nicht darauf hinzuweisen!

Allerdings und diese Option erschien der Mitarbeiterin enorm wichtig, gäbe es einen Getränke- und Snackverkauf, was für mich als MS-Betroffene ohne Sitzplatz wahrscheinlich glücklich stimmen sollte. Dieser Logik konnte ich leider keiner Folge leisten.

Die Dame am Schalter müsste sich wahrscheinlich einem Sehtest unterziehen. Ich täusche mich nicht , dass ich visuell wahrnehmbar vor ihr stand und nicht im Rolli Platz nehmend war . Ich wollte doch nur einen Sitzplatz für meine Person reservieren.

Pech gehabt, oder wie soll man das nennen, wenn Reisende, ohne Schwerbehindertenausweis eine Reservierung erhalten und ich mich in diesem Moment als Mensch zweiter Klasse verstanden fühlte.


Nach fast vier Stunden und dem Umstieg in Leipzig strahlte mir die Sonne in Dresden entgegen und meine Vorhaben erleichterten sich mit meinem Wunsch, wenigstens an die Wetterfee!

Nunmehr startete ich den erneuten Versuch einer Platzreservierung in der Elbestadt .

Auch hier wurde ich auf die Tatsache verwiesen, dass behinderte Fahrgäste keiner Platzreservierung unterliegen und ich eine andere Verbindung wählen sollte. Logisch, hatte ich um diese Ticket nur einige Tage ringen müssen, Sparangebote muss man Einiges im Vorfeld buchen, sonst drohen enorme Preisexplosionen, die mich im Kreise der erwerbsgeminderten Personen einige Schweißperlen auf die Stirn zaubern lassen!

Nach gelungener Veranstaltung musste ich ohne Reservierung nun diese Rückreise, wie gebucht wählen. Einiges an Zeit vorab stand ich auf dem Bahngleis, beobachtete die Reisenden, die alle ihre Sitzplätze suchten, weil an den Platzschildern ihre Reservierungen nicht angezeigt wurden. Dies zählt alles zum Service der DB, was man in den zahlreichen Broschüren nachlesen kann.

Ich kraxelte über die Stufen ins Innere des Zuges und nahm gleich im ersten Abteil Platz , drückte mir selbst die Daumen, dass mich niemand von diesem enthob.

Ich sollte Glück haben, die nächsten zweieinhalb Stunden konnte ich auf eine direkte Fahrt nach Magdeburg hoffen, meiner Beine die nötige Ruhe gönnen, den Tag mit den Ereignissen, ein wenig Revue passieren lassen..

Kurz vor dem Haltepunkt in Leipzig wurde ich jedoch aus meinen sanften Träumen gerissen und in die Realität zurückgeholt.

Eine angriffslustige Zugbegleiterin dröhnte ihre Ansage: „Werte Fahrgäste, der Zug endet hier, bitte steigen sie um, am Steig 20 steht für Sie der Ersatzzug bereit“. Der Zug lief am Gleis 10 ein, keine „große“ Wegstrecke, im Besonderen, wenn man im Gangbild beeinträchtigt ist.

Ich wusste in diesem Moment nicht, ob ich es als Ironie, oder Absicht der DB verstehen sollte und nun begriff ich auch, warum mir keine Sitzplatzreservierung gewährt wurde.

Das Beigleitpersonal der DB fragte nicht einmal, oder bot gar Hilfe, auch für die älteren Fahrgäste an. Meiner Nachfrage, ob denn die Verbindung nach Magdeburg in der Pünktlichkeit aufrecht erhalten bliebe, entgegnete man mir in einem „wärmenden“ Feedback: „Wenn er pünktlich abführe, käme er auch pünktlich an“. Auf diese detaillierte Antwort hätte ich selbst nicht besser Rückschlüsse ziehen können.

So rollte der Zug fahrplangerecht in Magdeburg ein und ich konnte der Freude kaum Ausdruck verleihen, als mein personenbezogenes Taxi mich zeitgemäß empfing und ich völlig entkräftet den heimatlichen Gefilden entgegen fieberte. Im Nachgang meiner Betrachtungen suche ich noch immer verzweifelt nach dem gebotenen Nachteilsausgleich der DB , wo mag der bei dieser Reise geblieben sein??? Wahrscheinlich auf der Strecke!

Text: Katrin Gensecke

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